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Wie der April im Hause Hell zu Ende ging – Kellerausmisten, Nostalgie und der Blick in die Zukunft

Schon seit Wochen hat mir mein Mann in den Ohren gelegen, dass ihn der Zustand unseres Kellers verrückt mache. Am liebsten würde er unseren ganzen Krempel wegschmeißen. Nur das Werkzeug und die Sportgeräte gehören laut ihm dorthin. Alles andere – Dachboden oder Müll.

Ihr könnt Euch sicher vorstellen, wie motiviert ich gestern Abend war, am Ende eines langen Arbeitstages statt zu schreiben, auszusortieren. Aber weil kein Weg darum herum führte, mein Mann irgendwo immer die Stimme der Vernunft einnimmt, blieb nur: Augen zu und durch!

Rückblickend halte ich fest, dass es verdammt anstrengend war, aber trotzdem gutgetan hat! Es war genau der perfekte Moment dafür und hatte in meinen Augen etwas Therapeutisches, obwohl wir in unserem Zechenhäuschen gerade erst seit einem Jahr wohnen und der letzte Kahlschlag noch nicht lange her ist.

Kommen wir erst einmal zum nostalgischen Teil. Klar, wenn man aussortiert, fallen einem auch Dinge in die Hände, die mit Emotionen behaftet sind. Da meine beiden luftdichten Erinnerungskisten bisher auch im Keller gelagert waren und nun auf den Dachboden gezogen sind, habe ich bei der Gelegenheit natürlich einen Blick hineingeworfen. Da sind mir Dinge in die Hände gefallen wie der „originale Fan-Kalender“ zu meinem Erstlingswerk. Wer mit 15 Jahren seinen Debütroman veröffentlicht, malt so einen Fan-Kalender natürlich selbst *kicher*. Wenn ich mir auch meine anderen Werke von damals ansehe, lache ich mich jedes Mal schlapp. Auch meinen Debütroman kann ich nicht mehr lesen, ohne dass mir die Lachtränen in die Augen steigen. Von daher hat eine heitere Form der Nostalgie gestern nicht gefehlt.

Aber nicht nur das Wiederausgraben meiner Erinnerungskisten hat mich fühlen lassen, als wäre ich wieder 15 und nicht 25, sondern auch die Erkenntnis, dass ich gefühlsmäßig an einem ähnlichen Punkt wie damals stehe. Mit 15 habe ich gewusst, dass nach dem Abi die absolute Gestaltungsfreiheit auf mich wartet, mein Leben zu formen und große Pläne zu schmieden. Zwecks ihrer Umsetzung habe ich daraufhin einen Weg eingeschlagen, der mir einiges an Selbstdisziplin abverlangt hat. Nun liegt das alles hinter mir. Die Pläne sind umgesetzt und erst jetzt realisiere ich zwei Dinge:

1) In Sachen Brotberuf bin ich entweder der lebende Gegenbeweis für "Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt" oder das Paradebeispiel für "Ausnahmen bestätigen die Regel", denn meine Pläne sind in dieser Hinsicht alle aufgegangen. Ich kann nicht behaupten, dass ich zwischenzeitlich nicht großes Glück hatte, dass im richtigen Augenblick die Förderer auf mich gesetzt haben, die ich gebraucht habe, aber es kam so, wie ich es mir vorgenommen hatte.

2) Ich habe genau die Gestaltungsfreiheit wiedererlangt, die mich damals so sehr angespornt hat. Ich vermag endlich wieder die Leichtigkeit zu fühlen, den Moment der Sorglosigkeit, weil ich die nächsten Jahre meiner Kreativität widmen kann.

Am heutigen Tage, am 1. Mai 2020, schlage ich ein neues Kapitel auf. Das Letzte trug den passenden Namen „In Lauerstellung“. Und es hat etwas über einen Monat gedauert, seine letzte Seite auch mental umzublättern und mich davon frei zu machen. Jetzt ist es bis zu meinem Herzen durchgedrungen, dass ich nicht mehr auf den einen großen Tag in einer weit entfernten Zukunft lauern brauche, weil er hinter mir liegt.

Deswegen kann ich meinem Mann nur danken, der ja unbedingt den Keller ausmisten wollte und nun viel Spaß mit der endlich aufgebauten Werkbank hat! ❤️

 

Kleiner Fun Fact: Den Fan-Kalender gab es offensichtlich schon 2009, das Buch aber erst 2010! 😆